2x JA

zu einer intakten Thurgauer Kulturlandschaft

 

 

Erläuterungen zur Gesetzesinitiative

 

§17a (neu)

Festsetzung Baugebiet
1
Das Baugebiet des Kantons Thurgau wird gemäss dem Stand der rechtskräftigen Zonenpläne der Gemeinden festgesetzt. Der Regierungsrat regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens durch Verordnung.

 2 Flächen des Nichtbaugebietes können in das Baugebiet überführt werden wenn:

1. mindestens die gleiche Fläche aus dem Baugebiet in das Nichtbaugebiet überführt wird oder

2. das damit verbundene Vorhaben von öffentlichem Interesse ist und ohne die Beanspruchung des Nichtbaugebietes nicht realisiert werden kann.

 3 Der Flächenausgleich nach Absatz 2 Ziffer 1 kann auch zwischen Gemeinden erfolgen. Der Regierungsrat regelt das Vorgehen durch Verordnung.

 § 72a (neu)

Nachweis der nachhaltigen Baulandnutzung

Mit jeder Baueingabe, die einen Neubau betrifft, ist nachzuweisen, dass das Grundstück jederzeit zonenkonform und mit einer vollständigen Ausschöpfung der zulässigen Nutzung zweckmäßig überbaut werden kann.

Die Initiative
"Ja zu einer nachhaltigen Thurgauer Raumplanung" verlangt diese, fett und kursiv geschriebenen Ergänzungen unseres Planungs- und Baugesetzes PBG

Erklärungen zu § 17 a, Absatz 1

Das Planungs- und Baugesetz setzt mit diesem neuen Paragrafen 17 a das Baugebiet fest. (Sodann werden in Absatz 2 die Voraussetzungen für eine allfällige Erweiterung des Baugebietes geklärt.)

Zurzeit – und voraussichtlich bis Sommer 2016 – gilt ein Moratorium für Neueinzonungen. Infolge des revidierten Raumplanungsgesetzes RPG muss der kantonale Richtplan überarbeitet werden. Bis dieser überarbeitete Richtplan genehmigt ist, darf kein Boden eingezont werden, sofern nicht eine gleich grosse Fläche ausgezont wird.

Auch die kommunalen Zonenpläne sind den übergeordneten revidierten Instrumenten RPG, PBG und Richtplan anzupassen. Sobald dann die Gemeinden über rechtskräftige Zonenpläne verfügen, werden diese festgesetzt, d.h. die Bauzonenfläche wird insgesamt für den Kanton festgelegt (und darf nur noch unter bestimmten Voraussetzungen – gemäss § 17a Absatz 2 – verändert werden).

Der neue § 17 a, Absatz 1 ergibt also für die Gemeinden keine Doppelspurigkeiten, denn sie müssen bei Annahme der Initiative mit ihrer Planungsarbeit nicht von vorne beginnen, da die revidierten Zonenpläne die Basis dieser Bestimmung bilden.

 

§17a (neu)
Festsetzung Baugebiet
1
Das Baugebiet des Kantons Thurgau wird gemäss dem Stand der rechtskräftigen Zonenpläne der Gemeinden festgesetzt. Der Regierungsrat regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens durch Verordnung.

Ersticken Gewerbe und Gemeinden an diesem § 17a?
Nein, diese Befürchtung ist unbegründet:

Innerhalb des Siedlungsgebietes sind sehr grosse Reserven für Bautätigkeit vorhanden. Im Kanton Thurgau sind
innerhalb der Bauzonen 1248 ha (!) nicht überbaut (Baulücken und Brachen), wobei der Anteil der Baureserve in der Arbeitszone mit rund 30% oder 430 ha deutlich höher ist als in der Wohnzone.

Diese Initiative hat auch zum Ziel, bestehende Bauparzellen besser auszunützen oder eine spätere vollständigere Nutzung zu erleichtern. Siehe § 72a

Für ein Bauvorhaben von öffentlichem Interesse (ein Schulhaus, eine Mehrzweckhalle, Gemeindeverwaltung, Feuerwehr…) kann nach wie vor Nichtbaugebiet eingezont werden. Siehe § 17a Ziffer 2

§ 17a entspricht der Raumplanungsverordnung des Bundes, die in Art 30 Abs 1 und Abs 2 regelt, dass Fruchtfolgeflächen erhalten werden müssen und unter welchen Bedingungen eingezont werden kann. Im Unterschied zum Bund, der die Fruchtfolgeflächen schützt, betrifft unsere Initiative die ganze Landwirtschaftliche Nutzfläche. Im konkreten Einzelfall fällt der Unterschied jedoch kaum ins Gewicht, denn die allermeisten Einzonungen betreffen Fruchtfolgeflächen. Die Initiative verlangt hier also unwesentlich mehr, als der Bund vorschreiben wird.

 

Erklärungen zu § 17 a, Absatz 2

Ziffer 1 verlangt auf Gesetzesstufe, was schon seit 1985 Inhalt unseres kantonalen Richtplans ist. "Soll Landwirtschaftsgebiet dem Siedlungsgebiet zugeteilt werden, so ist grundsätzlich eine ausgeglichene Flächenbilanz anzustreben", verlangt der Planungsgrundsatz zu Kapitel 2.2. Dass gemäss Arealstatistik des Bundes die Landwirtschaftsfläche im Thurgau zwischen 1996 und 2008 um 1229 Hektaren (!) abgenommen hat, zeigt in aller Deutlichkeit, dass ein Planungsgrundsatz nicht ausreicht.

Das Prinzip, dass sich die Bauzonenfläche insgesamt nicht vergrössern und damit die Landwirtschaftsfläche nicht verkleinern darf, wird nun verbindlich im PBG vorgeschrieben. Das Bundesrecht sieht für die Zeit nach dem erwähnten Moratorium eine solche Regelung lediglich für Fruchtfolgeflächen vor (Art. 30 der schweizerischen Raumplanungsverordnung).

Bei der nun im Thurgau vorgesehenen Änderung des PBG sind sämtliche Nichtbaugebiete und damit sämtliche landwirtschaftlichen Nutzflächen gemeint. In der Regel wird es sich aber bei einem konkreten Vorhaben auch hier um Fruchtfolgeflächen handeln, denn die meisten Flächen, die angrenzend zum Siedlungsgebiet liegen, sind Fruchtfolgeflächen.

Ziffer 2 hält fest, unter welchen Bedingungen von der unter Ziffer 1 verlangten ausgeglichenen Flächenbilanz abgewichen werden kann:

Ein Bauvorhaben muss zum einen von öffentlichem Interesse sein. Dies ist eine Anforderung, die auch der Bund für die Einzonung von Fruchtfolgeflächen vorgibt. Öffentliches Interesse heisst, dass ein Vorhaben dem Gemeinwohl – und nicht Individualinteressen – dienen muss. Das öffentliche Interesse am Vorhaben muss dabei dem öffentlichen Interesse an der Nichtvergrösserung der Bauzone und allenfalls weiteren öffentlichen Interessen gegenübergestellt werden und es muss eine Abwägung stattfinden, welches Interesse höherrangig ist.

Zum anderen muss die planende Behörde nachweisen, dass das Vorhaben ohne Inanspruchnahme von Nichtbaugebiet nicht realisiert werden kann. Es sind also Alternativen zu prüfen, wie z.B. Nutzung von Brachen, innere Verdichtung, anderer Standort im Siedlungsgebiet, anderes, bodensparendes Projekt.

 

§17a (neu)
2 Flächen des Nichtbaugebietes können in das Baugebiet überführt werden wenn:
1. mindestens die gleiche Fläche aus dem Baugebiet in das Nichtbaugebiet überführt wird oder
2. das damit verbundene Vorhaben von öffentlichem Interesse ist und ohne die Beanspruchung des Nichtbaugebietes nicht realisiert werden kann.

Erklärungen zu § 17 a, Absatz 3

Eine weitsichtige Planung erfolgt zunehmend regional, über die Gemeindegrenzen hinaus. Deshalb soll der Flächenausgleich auch zwischen den Gemeinden möglich sein. Diese Regelung verhindert zudem, dass Gemeinden benachteiligt werden, die vorbildlich mit ihrem Boden umgegangen sind und deshalb kaum Reserven haben. Auch sie haben die Möglichkeit von Einzonungen – mit Ausgleich durch Auszonungen in Gemeinden mit (zu) hohen Reserven an Bauland.

Der Regierungsrat regelt das Vorgehen durch Verordnung: Der Ausgleich – Einzonung/Auszonung – zwischen den Gemeinden darf nicht unkoordiniert, "wild" erfolgen, sondern muss abgestimmt sein auf die kantonale Raumplanung. Welches sind mögliche "Senderzonen" für Baugebiet, wo sind "Empfängerzonen"? Die Spielregeln müssen kantonal geregelt werden; im Einklang mit den Zielen des Richtplans und des Raumkonzepts. Die Umsetzung kann auch in die Zuständigkeit der Regionen fallen, was die in § 3 PBG vorgesehenen regionalen Richtpläne zusätzlich stärken kann.

 

§17a (neu)
3 Der Flächenausgleich nach Absatz 2 Ziffer 1 kann auch zwischen Gemeinden erfolgen. Der Regierungsrat regelt das Vorgehen durch Verordnung.

Erklärungen zu § 72 a

Grundstücke werden sehr oft überbaut, ohne die maximal zulässige Baudichte auszuschöpfen oder auf spätere Erweiterungsmöglichkeiten zu achten. In der Regel erfolgt dies, weil zum Zeitpunkt der Baueingabe kein Bedarf für eine zukünftige Nutzungserweiterung besteht.

Nachträglich können diese Grundstücke nicht mehr oder nur mit grossem Aufwand zonengemäss voll genutzt werden. Das wirksamste Instrument gegen eine solche Unternutzung wäre es, eine Mindestüberbauung festzulegen. Allerdings wäre das bei bereits bestehenden Bauzonen ein sehr starker Eingriff und rechtlich teilweise nur mit Schwierigkeiten durchsetzbar.

Die Initiative beschreitet deshalb einen andern Weg: Das Grundstück soll trotz Bauvorhaben zu einem späteren Zeitpunkt optimal, das heisst mit einer vollständigen Ausschöpfung der zulässigen Nutzung bebaut werden können. Das schliesst auch mit ein, dass evtl. der noch nicht bebaute Teil später abgetrennt und durch Dritte genutzt werden kann.

Die Erfahrung zeigt, dass bei zahlreichen Bauparzellen eine nachfolgende zweckmässige Nutzung erschwert ist. Beispielsweise sollten auch Überlegungen für spätere Aufstockungen bei Gewerbe- und Industriebauten angestellt werden. Mit einer planerisch vorausschauenden Projektentwicklung kann § 72a dieser Initiative ohne grossen Mehraufwand erfüllt werden.

§ 72 a bietet dem Eigentümer auch einen Mehrwert, da das Grundstück (oder das Gebäude) später kostengünstig bis zur maximal zulässigen Nutzung überbaut werden kann. Dieser Nachweis kann mit verhältnismässig geringem Aufwand, z.B. mit einer Situationsskizze im Rahmen der Baueingabe erbracht werden. Infolge dieses Artikels hat der Bauplaner ein umsichtiges, bodensparendes Projekt zu entwickeln – und/oder entsprechende bautechnische Vorleistungen zu planen.

 
 

§ 72a (neu)
Nachweis der nachhaltigen Baulandnutzung
Mit jeder Baueingabe, die einen Neubau betrifft, ist nachzuweisen, dass das Grundstück jederzeit zonenkonform und mit einer vollständigen Ausschöpfung der zulässigen Nutzung zweckmäßig überbaut werden kann.

Raum+
Die Regio Wil liess mit «Raum+» die Siedlungsflächenreserven (Baulücken, Brachen) eruieren. Die 23 Gemeinden (SG und TG) der Regio Wil weisen Reserven von 466 ha auf!
Die Befürchtung, unsere Gemeinden würden an dem § 17a «ersticken», ist völlig unbegründet.

 

>>>  Verfassungsinitiative

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